Gesprächskaskaden

 DAS FEHLZEITEN-GLOSSAR 

Klassisches 
Fehlzeiten-Management

Gesprächskaskaden:
Damit meint man eine gestufte Abfolge von Gesprächen mit zunehmend stärker sanktionierendem Charakter.


Häufig steht auf der untersten Stufe das Krankenrückkehrgespräch, das die direkte Führungskraft nach der Rückkehr aus einer Erkrankung führen soll.


Oft gibt es zudem jährlich ein sog. Gesundheitsgespräch. Darin geht esum Belastungen und Ressourcen bei der Arbeit, manchmal aber auch um Fehltage. Dies führt ebenfalls die Führungskraft.


Bei häufigeren Fehlzeiten ist die nächste Stufe das sog. Fehlzeiten-Gespräch; entweder mit der Führungskraft oder bereits mit der Personalabteilung. Hier passiert das, was eine Kundin beschrieb als:


"Ich muss immer die Blaumacher bekehren."


Und im Personalgespräch schließlich werden rechtliche Schritte angedroht, "wenn der Mitarbeiter sein Verhalten nicht ändert". 


Dieser Satz offenbart, dass man eine Beeinflussbarkeit des Krankseins beim Mitarbeiter vermutet. Ich wäre da sehr vorsichtig.


Der Gesetzgeber hat ja (zum Glück) hohe Hürden für verhaltensbedingte Kündigungen bei Krankheit gelegt.

Gesprächskaskaden sind im klassischen Fehlzeiten-Management ein Kernelement.

Aber sie wirken oft nicht, wie sie sollen.


Das ist zumindest das, was mir immer wieder Personalerinnen, aber auch Führungskräfte berichten.

Sie werden einfach nicht geführt.

Oder höchstens die als positiv empfundenen Gesundheits- oder Fürsorgegespräche.


Weil wir alle erwachsen sind.
Niemand möchte sich etwas vorschreiben lassen. Und jede Regelung à la "Wenn 3 Tage krank, dann diese Konsequenz; wenn 15 Tage krank, dann diese ..." vermiest die Lust aufs Freiwillig-ins-Gespräch-Gehen.


Ein Kollege meinte neulich:

"Gesprächskaskaden sind irgendwie so 80er"


- zumindest passen sie nicht in unsere digitalen, agilen, "empowernden" Zeiten.

© Dr. Anne Katrin Matyssek

ZIEL-ORIENTIERTES POSITIVES
Fehlzeiten-Management (ZOFZM)

Im ziel-orientierten positiven Fehlzeiten-Management kommen Gesprächskaskaden nicht vor. Denn sie geben zwar den anordnenden Menschen das gute Gefühl, die Dinge organisiert und unter Kontrolle zu haben. Aber sie sind künstlich. Und sie geben den ausführenden Menschen das Gefühl von Zwang und Korsett: Die gute Stimmung verschwindet ebenso wie die Lust auf diese Gespräche.

Mit solchen Gesprächskaskaden verhält es sich meiner Meinung nach wie mit den gestuften Fehlzeiten-Schreiben oder Briefen, die u.a. Brandenburg und Nieder empfehlen: Der positive Aspekt kommt einfach zu kurz; man riecht förmlich, dass die 95% Anwesenden nur 5% der Aufmerksamkeit erhalten:


"Um die muss man sich danach nicht weiter kümmern, die haben ja das Anerkennungsschreiben bekommen."


Hingegen geht der Großteil der Energie und Aufmerksamkeit zu den "Auffälligen".


Und im ziel-orientierten Fehlzeiten-Management wollen wir ja genau diese Denkrichtung umdrehen:
Echte Anwesenheit (EA) fördern, durch freiwillig geführte Gespräche, die sich organisch ergeben wie die 6 Gespräche bei der Fehlzeiten-Power.


Wenn wir es Weise schaffen, dass "alle da, fit, motiviert" sind, dann braucht niemand mehr die ungeliebten Gespräche zu führen.

"Als Gesundheitsmanager Fehlzeiten-Gespräche führen?

Mein Video, in dem ich auf diese Frage eingehe, möchte ich Ihnen empfehlen, ebenso wie den zugehörigen Artikel.

Es ist auch eine Frage der Kultur, ob man solche Gespräche ans BGM delegiert, oder ob man die Führungskräfte ins Boot holt - und wenn ja, wie.

Machen Sie den Kultur-Check, und schauen Sie, auf welcher Stufe Ihre Gespräche angesiedelt sind:

>>  zum Fehlzeiten-Kultur-Check

Plädoyer für Freiwilligkeit:

Wenn man Gespräche anordnen muss, kann man sicher sein, dass sie nicht geführt werden. Zumindest nicht so, wie sie geführt werden sollen.

Daher empfehle ich Ihnen hier nun noch meinen Artikel "Freiwillig oder gezwungen".

© Dr. Anne Katrin Matyssek

Gesprächskaskaden ersetzen durch zeitgemäßeres Vorgehen