Studien zu Führung und Gesundheit (incl. “VW-Studie”)

veröffentlicht in: Führung + Gesundheit

Da ich immer wieder nach der sogenannten VW-Studie gefragt werde, habe ich die wichtigsten Informationen hierzu und zu weiteren Studien in einem Video zusammengefasst. Die 10 Studien umfassende Literatur-Liste finden Sie am Ende dieses Blog-Beitrags.

Der Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und Gesundheit

Falls Sie weitere Untersuchungen kennen, freue ich mich sehr, wenn Sie sie im Kommentarfeld unten eintragen und so mit allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs teilen.

Diese Inhalte sind zugleich eine Lektion des Video-Kurses Mehr Erfolg im BGM 2: Führungskräfte gewinnnen.

“Führungskräfte nehmen ihren Krankenstand mit.”

Diese Beobachtung gibt es in zahlreichen Unternehmen (meistensteils mündlich berichtet – kaum jemand wollte dies öffentlich machen). Und obwohl sie den Erfahrungen der meisten Menschen entspricht, fragen immer wieder BGM-Akteure und -Akteurinnen, ob es diese Informationen schriftlich gibt.

Gibt es 🙂 Ich habe Ihnen hierzu ein Video erstellt, in dem die unten gelisteten Studien vorgestellt werden. Wenn Sie sich diese 16 Minuten gönnen, sind Sie fit hinsichtlich des Themas “Zusammenhänge zwischen Führung und Gesundheit”.

Ergänzend finden Sie unten noch einen kurzen Auszug aus dem 2018 neu-aufgelegten Buch Gesund Führen. Das Handbuch für schwierige Situationen

Falls dieses Video für Sie interessant ist, abonnieren Sie einfach meinen Video-Kanal auf youtube (das ist natürlich kostenlos).


10 Studien zum Zusammenhang zwischen Führung und Gesundheit

- Literatur-Quellen zum Folien-Video im Online-Kurs in der Vortrags-Reihenfolge -

Und dann habe ich hier noch einen Auszug aus dem gerade neu-aufgelegten Buch „Gesund führen: Das Handbuch für schwierige Situationen“, erweitert, überarbeitet und ergänzt im April 2018:

Erfreulicherweise gibt es inzwischen nicht nur Studien, mit denen der Einfluss der Vorgesetzten auf die Anwesenheit ihrer Mitarbeitenden belegt wird, sondern auch einige, die Auswirkungen des Führungsverhaltens auf die (körperlichen Aspekte der) Gesundheit nachweisen konnten.

Zum Zusammenhang zwischen Führungsverhalten und Anwesenheit habe ich ausführlicher in früheren Büchern berichtet, z.B. in „Führung und Gesundheit. Ein praktischer Ratgeber zur Förderung der psychosozialen Gesundheit im Betrieb“. Auszüge finden Sie unter www.gesund-fuehren.de. An dieser Stelle sei daher nur kurz hingewiesen auf aktuelle oder besonders eindrucksvolle Beobachtungen.

Eine Zusammenfassung von über 150 Studien hat ergeben: Führungskräfte haben einen gravierenden Einfluss aufs Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden allgemein, und auf deren emotionale Erschöpfung im Besonderen (Montano, Reeske, Franke, & Hüffmeier, 2017). Gerade in unsicheren Zeiten gewinnt Fairness an Bedeutung (Rigotti et al., 2008).

Eine Untersuchung an über 3.000 Männern in Schweden über einen Zeitraum von zehn Jahren zeigte: Wer über schlechte Führung klagte, hatte im Vergleich zu denjenigen, die ihrem Chef eine gute Führung attestierten, ein 60% höheres Risiko für einen Herzinfarkt oder andere gefährliche Herzerkrankungen. Insbesondere vier Aspekte des Führungsverhaltens wurden verantwortlich gemacht: Inkompetenz, Rücksichtslosigkeit, Intransparenz, mangelhafte Kommunikation (Nyberg et al., 2009).

Um Risiken für das Herz-Kreislauf-System geht es auch in den Studien, die Professor Siegrist von der Universität Düsseldorf seit Jahrzehnten durchführt. Sie belegen eindrucksvoll: Zum Beispiel das Herzinfarktrisiko sinkt drastisch, wo Menschen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit gesehen und geschätzt wird – nicht nur in Form von Geld, sondern daneben zählen auch Aufstieg, gesellschaftliches Ansehen, Lob und Anerkennung für die Leistung sowie Wertschätzung der Person.

Nicht zuletzt belegt die finnische Längsschnittstudie von Johani Ilmarinen, dass sich insbesondere bei älteren Beschäftigten wertschätzendes Führungsverhalten positiv auf die Arbeitsfähigkeit auswirkt. Auch wenn die Studie schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, sind die Herren Ilmarinen und Tempel auch 2018 noch schwer aktiv, was ihr Plädoyer für wertschätzendes Führungsverhalten angeht. Ilmarinen bringt die Ergebnisse seiner Untersuchung auf den Punkt mit den Worten: „Gutes Führungsverhalten und gute Arbeit von Vorgesetzten ist der einzige hoch signifikante Faktor, für den eine Verbesserung der Arbeitsfähigkeit zwischen dem 51. und 62. Lebensjahr nachgewiesen wurde“ [Ilmarinen & Tempel, „Arbeitsfähigkeit 2010“, S.245, 2001, VSA-Verlag].

Und übrigens: Wenn eine Führungkraft einen Burnout hat, steigt das Burnout-Risiko der Mitarbeitenden sechs Monate später (Huang, Wang, Wu & You, 2016). Auch im Sinne Ihres Teams gilt also: Passen Sie bloß gut auf sich auf!

Wie gesagt, freue ich mich sehr, wenn Sie im Kommentarfeld unten weitere Ihnen bekannte Studien ergänzen - am besten direkt mit Link. Herzlichen Dank!

Auf der Vorgängerversion dieser Website gab es bereits ergänzende Kommentare, die ich hier wiedergebe, damit sie nicht verlorengehen:

  • Alexandra Gerstner sagt:Liebe Frau Matyssek,vielen Dank für die Zusammenstellung der Studien. Und ja, es gibt zwischenzeitlich immer mehr Publikationen, die den Zusammenhang zwischen Führungshandeln und Beschäftigtengesundheit aufzeigen. Die Bedeutng des Themas wird zunehmend erkannt! Gern möchte ich auf das Fachkonzept der DGUV „Führung und psychische Gesundheit“ aus dem Jahr 2014 hinweisen. Über die Suchbegriffe „DGUV und Fachkonzept“ gelangt man leicht zum entsprechenden PDF.Beste Grüße, Alexandra GerstnerAnne Katrin Matyssek sagt:
  • Manuela Graf sagt:Hallo Frau Matyssek,vielen Dank für oben genannten Studien.Einige weitere sehr interessante Studien findet man im Fehlzeiten-Report 2011:Badura, B., Ducki, A., Schörder, H., Klose, J. & Macco, K. (Hrsg.)(2011). Fehlzeiten-Report 2011 – Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft: Führung und Gesundheit. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag.Auch sehr interessant: in einer TOP JOB-Trendstudie 2015 wird dargestellt, dass sich gesunde Führung auf die Arbeitgeberattraktivität auswirkt und gerade für die „Generation Y“ sehr wichtig ist.
    Bruch, H., Fischer, J. A. & Färber, J. (2015). Arbeitgeberattraktivität von innen betrachtet – eine Geschlechter- und Generationenfrage. Zugriff am 27.05.2016 unter http://montua-partner.de/wp-content/uploads/2015/08/2015_Trendstudie_Arbeitgeberattraktivitaet.pdf.
    Beste GrüßeManuela Graf
    • Anne Katrin Matyssek sagt:Liebe Frau Graf,oh wie wunderbar! Ganz herzlichen Dank für Ihren supernetten Service für die Leserinnen und mich! Das freut mich wirklich sehr, dass Sie sich die Zeit genommen haben.Auf der PASiG-Tagung in der letzten Woche habe ich auch von weiteren Studien gehört, die ich demnächst hier und in einem neuen Buch vorstellen werde.Nochmals ein großes Danke an Sie und sonnige Grüße aus Köln,Anne Katrin Matyssek
  • Kathrin Wiemann sagt:Hallo Frau Dr. Matyssek,eine weitere Studie die jährlich veröffentlicht wird, ist der Gallup Engagement Index.Dieser differenziert emotionale Bindungsniveaus (hohe, geringe und keine emotionale Bindung) und gibt Auskunft, wie hoch Engagement und Motivation bei der Arbeit sind. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland.Die Studie zeigt auf, dass Arbeitnehmer mit hoher emotionaler Bindung die geringsten krankheitsbedingten Fehlzeiten haben. Betrachtet man als erwiesen, dass hohe emotionale Bindung u.a. durch Führung zu erreichen ist, schließt sich der Kreis zur anwesenheitsförderlichen Führung.
    http://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx
    Viele GrüßeKathrin Wiemann
    • Anne Katrin Matyssek sagt:Hallo Frau Wiemann,ja, genau, die Gallup-Studien kenne ich auch – Sie haben recht, die passen hier prima hin und ergänzen die anderen sehr gut. Und diese Erkenntnis, dass das Engagement mit den Fehlzeiten korreliert, ist auch unabhängig von Fragen der Übersetzung – das wurde ja immer mal kritisiert, das das englische „engagement“ etwas anderes meine als das deutsche „Engagement“; aber die Korrelation gibt es ja länderübergreifend.Herzlichen Dank für den Hinweis!Viele liebe Grüße zurück,Anne Katrin Matyssek
  • Niemand sagt:Sehr geehrte Frau Matyssek,danke für die informative Website.Zum Thema des Zugeben eigener Fehler einer Führungskraft.Für den Fehler muss jemand verantwortlich sein.Der Chef ist es nie, also dann der Mitarbeiter.Falls der Mitarbeiter sich bei der Kommunikation unsicher ist, ob er seine Auftrag richtig verstanden hat, wird er nicht den Chef mit Nachfragen belästigen. Der Chef wünscht keine Nachfragen, er müsste sein Anweisung überdenken, eine Formulierung ändern, so dass der Mitarbeiter sicher ist, was zu tun ist. Die Panne nimmt ihren Lauf. Der Fehler steht aber spätestens im Arbeitsergebnis fest und er Chef tobt.Chefs unterdrücken die Information über ihre gemachten Fehler auch durch Androhung von Gewalt. Das Belegen von solchen Übergriffen ist schwierig, da es die Mitarbeiter unvorbereitet trifft, und möglicherweise bei Dokumentation, das Persönlichkeitsrecht des Angreifers verletzt.Wenn es um Meldungen zum Arbeitsschutz geht, besteht die Mitwirkungspflicht der Mitarbeiter.Wer Gewalt gegenüber anderen Mitarbeitern sieht, bei dem steigt die Befürchtung, dass es einen auch selbst treffen (kann) wird.Scheins tolerieren die Berufsgenossenschaften auch Fußtritte gegen Mitarbeiter, Sanktionen gibt es jedenfalls nicht, selbst wenn die BG davon erfährt.In einen 20 Mann-Betrieb brauchen 3 entlassene Mitarbeiter hinterher eine Reha, ein weiterer in Frührente wegen Rückenbeschwerden.Bei einen inhabergeführten Betrieb können sie sich auch nicht über ihren Chef beschweren.Wer darüber spricht wird verklagt, wegen übler Nachrede und Geschäftsschädigung.Die konsequente Fortsetzung des leugnen eigener Fehler und Mangel an Verantwortungsgefühl.
    War es nicht die Gewalt die den Gesundheitsschaden verursacht?
    • Anne Katrin Matyssek sagt:Sehr geehrter „Herr Niemand“ 😉Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar. Das klingt ja so, als hätten Sie schon sehr sehr viele entsprechende Erfahrungen gemacht. Ja, leider, gibt es das immer noch: dass Führungskräfte Fehler vertuschen, Verantwortung von sich weisen, sie anderen in die Schuhe schieben etc. Der Mensch ist schwach … und hierarchische Systeme tun sich vielleicht besonders schwer, eine gute Fehler-Kultur zu entwickeln. Dabei wäre es so gut für die Gesundheit. Solange jemand „bestraft“ wird, sobald er Fehler meldet, wird diese Negativ-Kultur vererbt, klar. Manchmal ist dann der Zusammenhalt unter den Kollegen das Einzige, was gesund erhält. Traurig, aber es hört sich so an, als wäre Ihnen solch ein Unternehmen begegnet.Wenn BGen Verstöße gegen die Arbeitssicherheit tolerieren, ist das sicher nicht das, was wir alle uns wünschen; manchmal geschieht ja dann trotzdem etwas hinter den Kulissen, aber in Ihrem Fall scheint das nicht der Fall gewesen zu sein (zumindest nicht so, dass die Belegschaft eine Besserung gespürt hätte).Ich muss immer schlucken, wenn ich von solchen Fällen wie dem Ihren höre (bzw. Ihrem Bericht über so eine Angelegenheit). Es macht so hilflos, dass es immer noch Unternehmen und einzelne Führungskräfte gibt, die so agieren. Mir bleibt dann nur die Empfehlung an Sie: Passen Sie gut auf sich auf! Und vielleicht möchten Sie selbst (dann eben in einem anderen Betrieb) ja anders agieren. Dafür wünsche ich Ihnen viel Kraft!

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