Interview mit Frau Nowak

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In der Reihe "Menschen im BGM" wird heute Frau Andrea Nowak vom Bundesverwaltungsamt vorgestellt.

Gesundheitsmanagerin beim Bundesverwaltungsamt in Köln

Interview mit Andrea Nowak – „Das Schwierige liegt darin, immer wieder auf das Thema aufmerksam zu machen“

Andrea Nowak vom Bundesverwaltungsamt
Andrea Nowak vom Bundesverwaltungsamt

Wie Frau Nowak und ich uns kennengelernt haben:
Beim Potsdamer Dialog 2013!

Und vorher hatte sie schon meine Folien von der Behördenleitertagung 2011 in Berlin entdeckt und interessant gefunden. Beide Veranstaltungen wurden von der heutigen Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) organisiert und durchgeführt.

Im Frühjahr 2014 organisierte Frau Nowak eine KickOff Veranstaltung für alle Führungskräfte, die in dieser Form im Bundesverwaltungsamt erstmalig stattfand. Hier war Björn Wegner von der damaligen Unfallkasse des Bundes mit einem Vortrag vertreten – und ich eben auch mit einem Vortrag zum Gesund-Führen.

bundesverwaltungsamtKurze Erklärung, falls Sie das Bundesverwaltungsamt nicht kennen sollten:

Das Bun­des­ver­wal­tungs­amt (BVA) mit Sitz in Köln wur­de 1960 als selbst­stän­di­ge Bun­de­sober­be­hör­de durch das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des In­nern er­rich­tet.

Es ist heute der zen­tra­le Dienst­leis­ter des Bun­des und er­füllt mehr als 150 ver­schie­de­ne Ein­zel­auf­ga­ben für Behörden und Nichtregierungsorganisationen, dar­un­ter das Bun­des­prä­si­di­al­amt, das Bun­des­kanz­ler­amt und die ge­sam­te Bun­des­re­gie­rung.

Das breit ge­fä­cher­te Ser­vice-Spek­trum um­fasst Fach-, Quer­schnitts und Ver­wal­tungs­auf­ga­ben. Die Be­ra­tungs­leis­tun­gen tra­gen zur Mo­der­ni­sie­rung an­de­rer In­sti­tu­tio­nen bei. So dient das BVA als Im­puls­ge­ber auf den Ge­bie­ten Stra­te­gi­sche Steue­rung, Or­ga­ni­sa­ti­on, Per­so­nal- und In­for­ma­ti­ons­tech­nik. Zu­dem er­hal­ten Be­hör­den durch das be­son­de­re BVA-Lö­sungs­port­fo­lio je­der­zeit schnel­le und prag­ma­ti­sche Un­ter­stüt­zung. Mit all die­sen Kom­pe­ten­zen nimmt das BVA ei­ne Al­lein­stel­lung in der öf­fent­li­chen Ver­wal­tung ein.

Die Behörde befindet sich ständig im Umbruch, dies prägt das Erleben der derzeit 3700 Beschäftigten an 16 Standorten.

Vom Haupthaus in Köln-Riehl aus ist Frau Nowak als Gesundheitsmanagerin für alle Beschäftigten an allen Standorten zuständig.

Was ist das Besondere an Ihrer Arbeit?

Die Arbeit mit Menschen und für Menschen. Das ist ja nicht unbedingt typisch für eine Behördentätigkeit in der Bundesverwaltung. Das Gefühl, für die Beschäftigten im BVA etwas Sinnvolles tun zu können.

Besonders sind auch die behördenübergreifenden Kontakte in der Netzwerkarbeit.

Es ist wichtig, ein gemeinsames Verständnis,  gemeinsame Begrifflichkeiten und ein gemeinsames Konzept zum  betrieblichen Gesundheitsmanagement in der Bundesverwaltung zu entwickeln und sich gegenseitig zu unterstützen.

Wenn man gut vernetzt ist, verkürzt das viele Wege.

Typisch für meine Arbeit ist auch das freie Arbeiten. Ich habe mir immer Nischen gesucht, in denen ich konzeptionell und kreativ arbeiten kann.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Ich hab‘ keins. Ich kann auf Menschen zugehen. Das spürt man, auch wenn meine Leidenschaft mitunter an Grenzen stößt. Aber ich bin von der Bedeutsamkeit meiner Aufgabe sehr überzeugt.

Das ist authentisch und das merkt man.

Gerne wird das Gesundheitsmanagement auf „Hüpfen und Springen im Dienst“, also auf das Angebot von Kursen zur Gesundheitsförderung reduziert.

Ohne Frage ist dies ein wichtiger Handlungsschwerpunkt. Aber eben nur einer. Den Unterschied zu einem  ganzheitlichen und systematischen betrieblichen Gesundheitsmanagement muss man wieder und wieder betonen.

Wie kamen Sie überhaupt zum BGM? Und was haben Sie ursprünglich gelernt?

Ich bin Diplom-Verwaltungswirtin, habe an der Hochschule des Bundes studiert. Seit zwei Jahren bin ich zudem durch die UVB (Unfallversicherung Bund und Bahn) zertifizierte Gesundheitsmanagerin in der Bundesverwaltung.

Inzwischen kann ich auf mehr als 30 Jahren Tätigkeit im Bundesverwaltungsamt zurückblicken.

frau-nowak-und-ich-2Mehrere Jahre war ich im Bereich der Anerkennung von Spätaussiedlern eingesetzt, sowohl vor Ort in den damaligen Außenstellen als auch später in Köln im rechtlichen Grundsatz. Zudem habe ich mich als stellvertretende Frauenbeauftragte (so hieß das damals) und in der Personalvertretung engagiert. Danach folgten eine kürzere Zeit der Tätigkeit im Bereich Arbeitsschutz und  einige Jahre in der Vorprüfung von Personalnebenkosten. Letztere Tätigkeiten habe ich familienbedingt (zwei Kinder) in Teilzeit ausgeübt.

Zum Gesundheitsmanagement kam ich aus Interesse.

Ich beabsichtigte eine Aufstockung meiner Arbeitszeit und suchte eine neue Herausforderung. Der ein paar Monate zuvor eingerichtete Arbeitsplatz „Gesundheitsmanagement“ war familienbedingt vakant geworden, und ich habe die Chance ergriffen und mich vorgestellt.
Meine Vorgängerin hatte bereits erste Kontakte hergestellt, erste Gespräche mit der Behördenleitung geführt und erste Ideenworkshops organisiert. Diese Ansätze habe ich dann zunächst einige Monate allein weiterentwickelt.

Später kam ein Kollege im höheren Dienst, ein Mediziner, dazu, und wir wurden das Referat Gesundheitsmanagement. Das hat mich natürlich begeistert! Ein Mann vom Fach und mehr Man Power!

Als mein Kollege vor etwas mehr als einem Jahr in den Ruhestand ging wurde die Referatsstruktur zurückgebaut und das Gesundheitsmanagement als Sachgebiet in das Referat „übergreifende Personalangelegenheiten“ eingegliedert. Zum Sachgebiet Gesundheitsmanagement gehört neben mir noch meine Mitarbeiterin.

Die Implementierung des BGM habe ich von Beginn an zweigleisig betrieben:

  • Einerseits gilt es das ganzheitliche und systematische Gesundheitsmanagement zu implementieren. Hierzu gehört als Basis die Analyse. So bereite ich z.B. – unterstützt durch die UVB –  aktuell eine Mitarbeiterbefragung vor,  die auch die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen beinhalten wird.
  • Als zweites Gleis betrachte ich im Rahmen der Verhaltensprävention den Aufbau von Gesundheitsförderungsaktivitäten, insbesondere auch für die Außenstellen.

Die sind so dankbar, dass sich jemand um sie kümmert!

Das sind zum Beispiel Vorträge, Präventionskurse oder auch Aktionstage. Wo es möglich ist kooperieren wir mit anderen am Standort beheimateten Behörden und versuchen Synergieeffekte zu nutzen. Ich arbeite bedarfsorientiert und versuche den Beschäftigten im Rahmen des Möglichen das anzubieten, was sie aktuell als wünschenswert erachten, z.B. Mobile Massage (die bezahlen sie komplett selbst) oder Ausgleichgymnastik.

Unser OfficeNet nutze ich u.a. um Informationen mit Gesundheitsbezug und Hilfestellungen für den Arbeitsalltag zur Verfügung zu stellen.

Für unsere Führungskräfte habe ich eine KickOff-Veranstaltung zum Thema „gesundes Führen – sich selbst und andere“ organisiert, an der erstmalig alle Führungskräfte der Behörde teilnahmen.

Im Nachgang gab es verpflichtend Gesund-Führen-Seminare und danach weitere Veranstaltungen auf freiwilliger Basis.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Als besonderes Erfolgsrezept haben sich Veranstaltungen herausgestellt, die von Kollegen für Kollegen gegeben werden.

Es gibt einige Beschäftigte, die z.B. den Übungsleiterschein C besitzen und sich als Kursleiter für Ausgleichsgymnastik einbringen.

frau-nowak-am-stehtischUnd ich bin stolz, dass mit unserem ersten Gesundheitstag am 7.11.2012 in Köln viel ins Rollen kam. Der stieß auf hohe Akzeptanz bei den Beschäftigten.

Stolz bin ich auch auf unsere KickOff-Veranstaltung in Brühl, wo zum ersten Mal alle Führungskräfte bundesweit versammelt waren. Hier wurde der Unterschied zwischen Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement sehr deutlich, und die Veranstaltung war der Startschuss für die jetzt jährlich stattfindende Führungskräfte-Tagung. Bis dahin hatte niemand den Wunsch nach mehr Austausch geäußert, aber im Rahmen dieser KickOff-Veranstaltung stellte sich heraus, wie sehr sich die Führungskräfte eine bessere Vernetzung und einen stärkeren Austausch wünschten.

Bei 150 Fachaufgaben an 16 Standorten kann man nicht einfach einen Kollegen fragen, denn wer zwei Zimmer weiter arbeitet, hat oft eine ganz andere Tätigkeit als man selbst.

Letztlich hat die Auftaktveranstaltung dazu beigetragen, dass wir dabei sind, eine gemeinsame Kultur zu entwickeln.

Wie haben Sie es geschafft, Gesundheitsmuffel zu Gesundheitsfans zu machen?

Ich weiß nicht, ob ich nicht noch dabei bin … Das steht und fällt mit den Anbietern. Die Angebote, die von Kollegen für Kollegen durchgeführt werden, sind positive Beispiele dafür und erreichen auch so manchen Bewegungsmuffel. Ein Beispiel ist die Ausgleichgymnastik mit Bewegung und Entspannung. Das sind 30 Minuten mittags, mehrere Kurse.

Wer einmal dabei ist, bleibt dabei, und es kommen immer weitere hinzu.

Der kommunikative Aspekt scheint dabei eine nicht untergeordnete Rolle zu spielen.

Was treibt Sie persönlich an?

Die absolute Überzeugung, etwas Sinnvolles und Notwendiges zu tun, denn nur gesunde und motivierte Beschäftigte können die Aufgaben der Behörde bewältigen.

Man macht sich erst bei hoch schießenden Fehlzeiten einer Kollegin oder eines Kollegen Gedanken, das ist einfach zu spät.

Wir haben es geschafft das Thema auf unterschiedlichen Ebenen zu etablieren.

Inzwischen gehört zu unserer Anwärterausbildung im mittleren Dienst, dass zwei Tage lang die Basics zum Gesundheitsmanagement und einige gesundheitsförderliche Tipps erlernt werden. Diesen Part bestreite ich zusammen mit der Sozialberaterin vom Bundesministerium des Innern und unseren Übungsleitern. Auch für unsere Azubis ist Ähnliches in Planung.

Wer unterstützt Sie?

Die Behördenleitung, meine Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner an den einzelnen Standorten, viele Kolleginnen und Kollegen anderer Arbeitsbereiche im Hause und natürlich die Beschäftigten die sich einbringen oder an unseren Veranstaltungen teilnehmen.

Ganz wichtig sind mir auch die Netzwerke, z.B. das Netzwerk Gesundheitsmanagement der Oberen und Obersten Bundesbehörden und das Netzwerk der von der Unfallversicherung Bund und Bahn zertifizierten Gesundheitsmanager.

Anfangs habe ich da viel mitgenommen, jetzt kann ich auch meinerseits etwas zurückgeben.

Hatten Sie anfangs Zweifel? Wie haben Sie die überwunden?

Das Schwierigste ist, geduldig und beharrlich zu bleiben.

Man ist so begeistert, man hat so viel vor, aber man läuft doch immer mal wieder gegen eine Wand. Diese Erfahrung muss man machen: Veränderung geht nur in kleinen Schritten. Das musste ich erst lernen.frau-nowak-und-ich-1

Das Gesundheitsmanagement macht nicht der Gesundheitsmanager. Es ist die Aufgabe aller.

Bei allen Entscheidungen sind immer auch die Auswirkung auf die Gesundheit und Motivation der Beschäftigten mit zu bedenken. Die Aufgabe des Gesundheitsmanagers ist es, darauf aufmerksam zu machen, zu initiieren und zu koordinieren.

Das Schwierige liegt darin, immer wieder dafür zu sensibilisieren.  

Wo haben Sie Ihre Ausbildung zu Gesundheitsmanagerin gemacht?

Bei der heutigen Unfallversicherung Bund und Bahn. Ich war Teilnehmerin des ersten Qualifizierungslehrgangs zum/zur Gesundheitsmanager/-in der Bundesverwaltung. Wir waren damals quasi die Versuchskaninchen.

Und was tun Sie für Ihre eigene Gesundheit?

Ich mache Nordic Walking, EMS-Training (Elektrostimulationstraining), Ausgleichsgymnastik. Ich versuche immer wieder Pausen einzulegen und aufzupassen, nicht zu überziehen. Ich habe ja nur eine 75% Stelle. Diese Achtsamkeit, die musste ich erst lernen.

Liebe Frau Nowak, vielen herzlichen Dank für diesen spannenden Einblick in Ihre Arbeit! Und viel Erfolg weiterhin bei Ihrem Einsatz für ein gesünderes Bundesverwaltungsamt!

 

Mein Fazit:

Beruhigenderweise sind offenbar in oberen Bundesbehörden genau dieselben Prinzipien wichtig wie in Kommunen, KMU oder Konzernen: dranzubleiben; BGM und BGF zu verzahnen; mit den Führungskräften auch die Kultur zu verändern; und vor allem: das Durchhaltevermögen aufzubringen beim Immer-wieder-in-Erinnerung-Bringen. Das klappt nur mit viel Leidenschaft fürs Thema – wobei man als BGM-Akteur/in sehr gut auf sich selbst aufpassen muss, um sich nicht zu übernehmen.

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Ich freue mich wirklich sehr, wenn Sie Lust haben, hier einen Kommentar zu hinterlassen – quasi “als Mensch im BGM” für andere “Menschen im BGM” 🙂

 

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